Late Talker - Was ist das?
Late Talker, also “Spätsprecher” sind Kinder, die rund um den 2. Geburtstag deutlich weniger als 50 Wörter sprechen und keine Zweiwortsätze bilden, während der allgemeine Entwicklungsstand ansonsten unauffällig ist. Ausgeschlossen werden sollten Hörstörungen, tiefgreifende Entwicklungsstörungen oder eine allgemeine Intelligenzminderung. Etwa ein Fünftel aller Kinder sind Late Talker, und etwa ein Drittel (sogenannte Late Bloomer, also “Spätblüher”) dieser Kinder holt den sprachlichen Entwicklungsrückstand bis zum 3. Geburtstag auf. Bei den übrigen Kindern bleibt die Sprachentwicklungsverzögerung bestehen und es drohen eine Sprachentwicklungsstörung und weitere Probleme beim Sprach- und späteren Schriftspracherwerb. Bei der U7, die im Alter von etwa zwei Jahren stattfindet, liegt der Fokus der Untersuchung durch den Kinderarzt / die Kinderärztin neben den allgemeinen Untersuchungen der Körperfunktionen auf der Überprüfung der geistigen Entwicklung und vor allem der Sprache:
- kann das Kind Zweiwortsätze bilden?
- kann es bekannte Gegenstände benennen?
- versteht es einfache Aufforderungen?
Immer mehr Kinder haben eine Sprachstörung. Seit 2010 ist die Anzahl Kinder und Jugendlicher mit einer Sprachstörung um 52% gestiegen. Insgesamt sind ~6% aller 5 bis 18-Jährigen betroffen
Studie der Kaufmännischen Krankenkasse von Januar 2022
Late Talker – die wichtigsten Tipps für Eltern
Kinder lernen durch Nachahmung – Sie sind das beste Sprachvorbild für Ihr Kind. Förderliches Kommunikationsverhalten beeinflusst die positive sprachliche Entwicklung Ihres Kindes. Wir haben die wichtigsten Tipps für positives Kommunikationsverhalten für Sie zusammengefasst:
Do's
- Seien Sie ein gutes Sprachvorbild: sprechen Sie ruhig, klar und deutlich.
- Blickkontakt: Sehen Sie Ihr Kind an, wenn Sie mit ihm sprechen.
- Zeit und Geduld: hören Sie Ihrem Kind aufmerksam zu. Nehmen Sie sich Zeit und geben Sie Ihrem Kind Zeit.
- Medienkonsum reduzieren: nehmen Sie sich bewusst medienfreie (= Handy-freie) Zeit für Spiele und Gespräche mit Ihrem Kind.
- Erleben Sie die Welt gemeinsam. Alltagssituationen bieten eine Fülle an Gesprächsanlässen.
- Spielen Sie mit Ihrem Kind! Spielen bedeutet Lernen und Entwicklung.
- “corrective Feedback” nutzen: ihr sprachliches Niveau sollte dem Ihres Kindes einen Schritt voraus sein. Spiegeln Sie nicht die “Babysprache” Ihres Kindes, sondern verbessern und erweitern Sie indirekt seine Äußerungen. Direkte Korrekturen (“Wie heißt das richtig?”, “Sprich mir nach!”, “Sag das nochmal richtig!”) unterbrechen den Redefluss und hemmen die Sprechfreude Ihres Kindes. Wenn Ihr Kind beispielsweise sagt: “Mama, da Ball!” oder einfach nur “Ball!”, dann antworten Sie: “Ja, schau mal, da rollt ein Ball.”
- Schauen Sie gemeinsam Bilderbücher an und lesen Sie Ihrem Kind viel vor: beim Zuhören erweitert das Kind seinen Wortschatz und verinnerlicht die richtige Satzstruktur. Achten Sie darauf, dass das Buch dem Entwicklungsstand und Interesse Ihres Kindes entspricht.
- Holen Sie sich Hilfe. Eine Kinderärzt:in kann Ihnen eine Verordnung für Logopädie ausstellen und ein:e Sprachtherapeut:in kann Ihnen dabei helfen, Ihr Kind sprachlich bestmöglich zu fördern. Vereinbaren Sie hier einen Termin!
Dont's
- Lassen Sie Ihr Kind Worte und Sätze nicht einfach nachsprechen, ohne dass es den Inhalt versteht
- Unterbrechen Sie Ihr Kind nicht, wenn es Worte fehlerhaft ausspricht.
- Sprechen Sie nicht weit über dem sprachlichen Niveau Ihres Kindes.
- Sprechen Sie nicht zu schnell. Sprechen Sie möglichst natürlich, aber langsam und bewusst.
- Sprechen Sie nicht in Babysprache mit Ihrem Kleinkind.
- Seien Sie nicht geistig abwesend oder immer am Handy, wenn Sie mit Ihrem Kind sprechen. Ihr Kind merkt, wenn Sie geistig abwesend sind. Das größte Geschenk, was Sie Ihrem Kind machen können, ist Ihre volle Aufmerksamkeit.
- Korrigieren Sie Fehler nicht auf konfrontative, direkte Art und Weise: “Das heißt nicht so, das sagt man so.”
„Die Idee, dass sich eine Entwicklungsstörung verwächst, ist wissenschaftlich nicht zu belegen“
Sandra Neumann, Professorin für Inklusive Bildungsprozesse bei Beeinträchtigungen von Sprache und Kommunikation an der Universität Erfurt
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